Siete meses

siete meses – sieben Monate bin ich jetzt in Bolivien! Es kommt mir so unwirklich vor, dass ich schon so lange weg von zu Hause bin. Alle sagen immer, dass das zweite halbe Jahr im Ausland viel schneller vergeht als das erste. Aber ich finde schon die letzten Monate sind wie im Flug vergangen und frage mich daher, wie mir die Zeit, die vor mir liegt, noch kürzer vorkommen soll. In den letzten Wochen waren wir fast durchgängig, auch an den Wochenenden, in Tarabuco und haben uns wieder in den Alltag hier eingelebt. Ich bin immer wieder froh, auf dem Land zu leben und nicht in einer Stadt. Zur Zeit ist es auch wirklich schön, da alle Felder grün sind und die Landschaft richtig aufblüht – ein sehr großer Unterschied zur Trockenzeit. Ich arbeite weiterhin in den beiden Schulen Mendieta und Jumbate und einmal pro Woche im Krankenhaus.

In Jumbate haben Caro und ich ein Zahnputz-Projekt gestartet, was sehr gut angelaufen ist. Der Gedanke dazu kam auf, als im letzten Schuljahr eine Schülerin von mir so starke Zahnschmerzen hatte, dass sie den ganzen Vormittag nicht mehr am Unterricht teilnehmen konnte. Generell ist uns hier in den Schulen aufgefallen, dass viele Kinder eher schlechte Zähne haben. Also haben wir zusammen Zahnputz-Becher gebastelt und die Schritte und Bedeutung einer regelmäßigen Mundhygiene besprochen. Nun gehört das Zähneputzen nach dem Essen zur täglichen Routine in der Schule dazu – und das mit viel Begeisterung 🙂 Uns ist im Laufe des kleinen Projektes aufgefallen, dass bei einigen ein gutes Grundwissen bereits vorhanden war, während sich andere hingegen sehr unsicher und ungeschickt anstellten. Aber umso schöner ist es, dass alle nun gemeinsam Zähneputzen, und das mindestens einmal am Tag – wir putzen natürlich auch immer mit, wenn wir da sind.

gemeinsames Zähneputzen

Zahnputz-Video

Der Tag im Krankenhaus gefällt mir immer sehr gut, auch wenn es manchmal nicht so viel zu tun gibt. Ich messe und notiere meistens die Vitalwerte der Patienten und mache Schreibarbeiten. Zwei mal waren jetzt schon Markthändler da und haben Obst verkauft. Das hat mich beim ersten Mal schon sehr überrascht als eine Frau, die ich für die nächste Patientin hielt, auf einmal ihre Tasche voller Tumbos (eine sehr saure Frucht) öffnete und das Obst auf einem Tuch ausbreitete. Für die Schwestern ist das aber normal und mindestens eine hat immer etwas gekauft.

Tumbo-Verkauf

Vorletzte Woche hatten meine beiden Mitbewohner Caro und Robert Geburtstag. Wir haben jedes Mal eine Torte gebacken und so hab ich mich mehrmals mit Caro und einer Gabel in der Hand vorm Kühlschrank wiedergefunden um nur ein bisschen zu naschen… Am Wochenende kamen dann noch ein paar Freunde vorbei. Diese Woche hatte auch noch unsere Mentorin Geburtstag und in der Schule gab es Veranstaltungen zum Karneval und Día Internacional de la Mujer. So gab es irgendwie immer etwas zu feiern und vorzubereiten.

Karnevalsfeier im Colegio (mit Avocado-Kostümen…)

In den Schulen wurde in letzter Zeit viel für einen desfile (Marsch, Umzug) geprobt, der vorgestern hier stattfand. Hintergrund ist eine wichtige Schlacht mit dem Jahrestag des zwölften März. Im Jahr 1816 wurde in diesem Batalla de Jumbate der erste wichtige Sieg der Einheimischen gegen die spanischen Eroberer errungen. Jedes Jahr marschieren an diesem Tag in Tarabuco Schüler, Lehrer, Militärs und Vertreter aus dem Rathaus. Später gehen alle nach Jumbate um dort zu feiern. Ich habe den desfile selbst leider gar nicht mitbekommen, da ich an diesem Tag in Jumbate unterrichtet hatte, was irgendwie ironisch war. Da wird die Schlacht von Jumbate gefeiert, und ich bekomme es nicht mit, weil ich in Jumbate unterrichte… Mittags bin ich dann mit den beiden Lehrerinnen und ein paar Schülern zur Fiesta gelaufen. Es gab viele Essenstände, Trampoline, ein Kinderkarussell, Tischkicker, Eisverkäufer – alles wie ich es von einem Jahrmarkt oder Volksfest in Deutschland kenne. Aber doch war es ganz anders, denn das wichtigste war die Pukara im Zentrum des Platzes. Das ist eine Art riesige Leiter, an der Opfergaben wie Gemüse, Fleisch, Brot, Obst und Alkohol befestigt werden. Bei diesem Fest wird gleichzeitig den Kriegern der Schlacht von Jumbate und auch Pachamama (Mutter Erde) gedacht. Außerdem markiert es das Ende der Karnevalszeit. Den ganzen Nachmittag über wurde getanzt, musiziert und gesungen. Den traditionellen Tanz der Region Yampara, den Pujllay, fand ich besonders interessant. Es war so schön zu sehen, wie viel es den Leuten bedeutet, mitzutanzen und den Stolz in ihren Gesichtern, trotz der Anstrengung bei der starken Sonne zu beobachten. Musik und Tanz spielt in der bolivianischen Kultur eine sehr große Rolle und die Vielfalt der verschiedenen Arten ist beeindruckend. Hier in der Gegend wird zum Beispiel viel auf langen Holzflöten und Charangos gespielt. Diesen Sonntag wird dann noch einmal groß gefeiert hier in Tarabuco.

Die Pukara im Hintergrund, vorne eine Frau mit einem Eimer voller Chicha (eine Art Maisbier)
Die Pukara aus der Nähe

Pujllay-Video

Liebe Grüße und lasst es Euch gut gehen,

Eure Lotte 🙂

 

PS: Bei Stern-TV ist heute ein interessanter Beitrag zum Projekt „One-Dollar-Glasses“ in Bolivien gesendet worden, in dem auch einige von meinen Mitfreiwilligen arbeiten. Hier der Link 

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