Meine Arbeit als „Profe Lotte“

Mittlerweile bin ich seit über einem viertel Jahr hier in Bolivien und somit auch schon eine ganze Weile an meinen Einsatzstellen tätig. Da wird es vielleicht mal Zeit, dass ich ein bisschen genauer berichte, wie meine Arbeit genau aussieht…

Ich arbeite als Englisch-Lehrerin in zwei verschiedenen Grundschulen – drei Tage die Woche in der Dr. Manuel G Mendieta, die direkt im Dorf liegt, und an zwei Tagen gehe ich zur Außenschule in Jumbate. Die beiden Schulen sind sehr unterschiedlich und daher sieht auch mein Tagesablauf anders aus, je nachdem an welche Schule ich gehe.

Ein Jumbate-Tag: Ich stehe kurz vor sieben auf und laufe etwa eine Stunde auf der Straße Richtung Sucre bis zum nächsten Dörfchen. Es tut wirklich gut, zu laufen und mal ein bisschen für sich zu sein, wobei ich auf den letzten Metern meistens noch Schüler aufgabel und das letzte Stückchen mit ihnen zusammen gehe. Am Montag bin ich alleine in Jumbate und mittwochs mit Caro zusammen. Montags ist in jeder Schule hier vor Unterrichtsbeginn ein Appell, bei dem die Nationalhymne gesungen, die Fahne gehisst und Nachrichten besprochen werden. In Jumbate ist es auch so, dass die Kinder immer Gemüse für das Mittagessen mitbringen, was in einer großen Schüssel eingesammelt wird. Danach wird ein Marsch gesungen und die Kinder gehen in die Klassen. Ich unterrichte die vierten bis sechsten Klassen. Insgesamt sind das nur neun Schüler und darum lohnt es sich nicht, die Stufen zu trennen, sondern sie haben gemeinsam Unterricht. Ich habe meistens ein bestimmtes Thema pro Tag, was ich dann in verschiedenen Methoden beibringe. Manchmal funktioniert das sehr gut und manchmal weniger. Aber man merkt mit der Zeit, was den Schülern Spaß macht und wie sie gerne lernen. Ich hab zum Beispiel schon ein Tier-Memory gebastelt, Lieder gesungen und kleine Wettkämpfe veranstaltet. Mit einer so kleinen Klasse funktioniert das wirklich gut und bereitet mir auch Freude. Nach der ersten Stunde gibt es Frühstück. Das besteht immer aus einer Art Fladenbrötchen mit einem Getränk. Montag gibt es api, das ist eine Art heißer, dickflüssiger Maisbrei mit Zucker und Gewürzen (Zimt und Nelken). Am Anfang fand ich es befremdlich, aber mittlerweile schmeckt mir api richtig gut, vor allem mit dem öligen Brot, was es immer dazu gibt. Nach dem Frühstück ist wieder 90 min Unterricht, aber wenn ich schon durch bin mit meinem Stoff für den Tag mache ich oft mit den Kindern einen Spaziergang oder wir basteln. Dann gibt es Mittagessen, was immer richtig lecker ist, zum Beispiel Sopa de Maní (Erdnusssuppe) oder Reis mit Linsen und einer scharfen Soße dazu. Das Essen wird von den Müttern der Schüler gemacht und generell kommen die Eltern und auch kleine Geschwister oft in der Schule vorbei. Dadurch entsteht eine sehr angenehme familiäre Atmosphäre. Viele der Schüler sind auch tatsächlich miteinander verwandt. Manchmal bleibe ich nach dem Essen noch ein bisschen zum Spielen und dann mach ich mich auf den Rückweg.

Nebel auf dem Schulweg
Appell in Jumbate
The Clothes – Einheit
scharfe Kartoffel-Linsen-Suppe – lecker!!!
Aufräum-Tag in Jumbate

Ein Mendieta-Tag: Während es in Jumbate nur so ca 25 Schüler gibt, ist die Mendieta eine „normal“ große Grundschule mit etwa 200 Schülern. Ich unterrichte dort eine zweite, eine dritte, zwei vierte und eine sechste Klasse. Auch dort gibt es keinen Englisch-Lehrer, sodass ich den Unterricht komplett alleine gestalte. Meistens sitzen die Klassenlehrer mit drin, was dann aufmerksamkeits-technisch eine wirklich große Hilfe ist. Ich habe jede Klasse ein mal pro Woche und behandle im Unterricht Themen je nachdem, wie weit die Klasse schon ist (viele hatten schon Unterricht mit ehemaligen Voluntarios). An der Mendieta-Schule gibt es meistens auch Frühstück, aber nicht in der Pause, sondern in der ersten Stunde. Auch immer ein Brot mit Getränk (api, Kakao oder süße Milch). In der Pause spiele ich mit den Kindern, wenn ich Zeit und Lust habe. Besonders beliebt ist tula, ein Fangspiel, bei dem ich zugegebenermaßen (ich schieb´s mal auf die Höhe) oft ganz schön außer Atem komme. Nach der Pause geht´s dann in die nächste Klasse und danach bleibe ich manchmal noch zum Essen. Generell ist der Unterricht an der Mendieta anstrengender, weil die Klassen immer um die 20 Schüler haben und diese auch im Allgemeinen nicht so aufmerksam und lernwillig sind, wie in Jumbate. Auch hinterfrage ich manchmal meine Arbeit, wenn ich feststelle, dass einige Kinder noch nicht einmal auf Spanisch lesen und schreiben können. Aber mittlerweile hab ich schon das Gefühl, dem Großteil etwas beigebracht zu haben, auch wenn es nur ein paar Vokabeln sind. Wenn ich durch das Dorf laufe, kommen mir oft Schüler entgegen, die mich dann mit „Profe Lotte“ begrüßen, und auch in der Schule werd ich meißt einfach nur Profe (kurz für Profesora)  genannt. Das liegt auch mit daran, dass der Name Lotte hier für die meisten schwer auszusprechen ist, und dann hält man es halt mit Profe. Aber das stört mich nicht, sondern ich habe das Gefühl, dass ich in meiner Rolle als Englisch-Lehrerin akzeptiert werde, auch wenn ich keine richtige Lehrerin bin.

Die Mendieta am Tag der Bono-ausgabe (Schulgeld, was jeder Schüler am Ende des Jahres bekommt)
Kranich-Basteln mit der 2°B
Schüler auf dem Cancha (überdachtes Fufballfeld)

Das nun einmal zu meinem Leben, wie es sich hier in den Schulen abspielt, wenn normaler Alltag ist. Zur Zeit ist eher weniger Alltag, da das Schuljahr hier bald zu Ende ist, aber dazu schreibe ich vielleicht mal etwas in einem Extra Post. Ich habe generell grade viele Ideen für Blogeinträge, mal sehen wann ich dazu komme. Erst mal bis dahin…

Liebste Grüße aus Tarabuco nach Deutschland oder wo auch immer ihr euch so rumtreibt

Eure Lotte 🙂

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